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Schätzungsweise gibt es über 15.000 verschiedene Ameisenarten auf der ganzen Welt. In einer einzigen Kolonie leben je nach Art zwischen einigen Tausend bis mehreren Millionen von Ameisen zusammen. Die Größe hängt dabei immer von verschiedenen Faktoren ab: Witterungsbedingungen, Nahrung, Fressfeinde und Konkurrenzverhalten bestimmen über die Koloniestärke. Aber wie bildet sich eine Ameisenkolonie überhaupt - und gibt es Besonderheiten?
Jede Ameisenkolonie wird von einer Ameisenkönigin gegründet. Nur durch ihre Eier entsteht eine Kolonie. Eine königinnenlose Kolonie hingegen löst sich nach und nach auf.
Interessanterweise gibt es nur wenige Ameisenarten, deren Königin eigenständig ein Nest gründet. Die meisten parasitieren die Nester anderer, verwandter Ameisenvölker.
Eine befruchtete Ameisenkönigin nutzt oftmals zur Gründung ihres Staates eine andere Kolonie. Dabei bedient sie sich einiger Tricks, durch die die fremden Ameisen sie nicht als Eindringling identifizieren. Dies gelingt durch Pheromone, die die Königin ausstößt.
Makabrer Weise tötet sie häufig eine Arbeiterin, um deren Geruch anzunehmen und nicht aufzufallen. Daraufhin arbeitet sie sich durch das gesamte Nest bis hin zur Kammer der Ameisenkönigin, die sie tötet und ihren Platz einnimmt. Nun legt sie ihre eigenen Eier ab, die die Arbeiterinnen der schon bestehenden Kolonie pflegen und aufziehen.
Im Gegensatz dazu suchen sich einige Königinnen geeignete Plätze zur Gründung des Nests. Die befruchteten Eier legt sie in einer sogenannten Gründungskammer ab. Dort legt sie ihre Eier ab, aus denen sich zunächst Larven, dann Puppen und später entweder Arbeiterinnen oder männliche Ameisen entwickeln.
Da die Königin die Brut nicht alleine lässt, kann es vorkommen, dass sie mehrere Monate bis zu einem Jahr kein Fressen zu sich nimmt, um die Brut zu pflegen. Diese füttert sie mit Sekreten aus ihren Kopfdrüsen. Bis sich die Larven verpuppen, reinigt die Königin diese oft, indem sie sie ableckt - das dient zur Entfernung von etwaigen Pilzsporen oder Bakterien, die der Brut gefährlich werden könnten. Verpuppte Larven wendet die Königin regelmäßig, bis die ersten Arbeiterinnen schlüpfen. Diese kümmern sich von nun an um die Aufzucht und Nahrung der Ameisenkolonie. So wächst die Ameisenkolonie nach und nach an.
Eine dritte Möglichkeit für befruchtete Königinnen ist die Rückkehr in das Nest ihrer eigenen Art. Dort leben meist schon mehrere Königinnen, wodurch das Nest sehr schnell zu einer sehr großen Größe anwächst. Dadurch, dass die schon bestehenden Arbeiterinnen ihre Eier mit aufziehen, entwickelt sich der neue Ameisenstaat viel schneller, als bei einer unabhängigen Koloniegründung.
Da das Nest sehr große Maße annehmen kann, wandert nun ein Teil des Ameisenvolkes mit der Königin ab und bildet nur einige Meter entfernt eine neue Kolonie, die mit der schon bestehenden verbunden bleibt.
Sieht man im Wald mehrere Ameisennester in einiger Entfernung zueinander stehen, so kann man davon ausgehen, dass all diese Nester miteinander zu einer Superkolonie verbunden sind. Der Vorteil dieser Lebensweise ist, dass der Ameisenstaat selbst beim Tod der Ameisenkönigin nicht zerfällt - sofern der Staat immer wieder befruchtete Königinnen aufnimmt. Diese ersetzt die tote Königin dann.
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Ameisen bauen Nester, damit das Volk zusammen bleibt. Beim Bau ist es wichtig, dass das Nest mindestens dämmrig, wenn nicht sogar dunkel ist - dazu bauen sie das Nest in der Erde, in Holz, im Sand oder in anderen Substraten. Ist ein Nest zu viel Sonne ausgesetzt, so wandern die Ameisen ab und bauen sich in einer dunkleren Ecke ein neues Nest.
Das Nest dient darüber hinaus als Versteck der Königin und der Brut, um die sich die Arbeiterinnen kümmern.
Alle Ameisenarten durchlaufen dieselben vier Entwicklungsstadien: Die Königin legt Eier ab, um die sich die Arbeiterinnen kümmern. Aus den Eiern schlüpfen nach und nach Larven, die mit proteinreicher Nahrung gefüttert werden, bis sie sich verpuppen. Daraufhin schlüpfen junge Ameisen.
Wie viele Eier die Ameisenkönigin ablegt, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Interessanterweise wird eine Ameisenkönigin nur einmal in ihrem gesamten Leben begattet. Die Spermien des Männchens empfängt sie häufig während eines Begattungsfluges. Danach streift sie ihre Flügel ab und bewahrt die Spermien in speziellen Samentaschen mehrere Jahre auf.
Ob sich aus einem Ei ein Männchen oder eine Arbeiterin bzw. Jungkönigin entwickelt, bestimmt alleine die Ameisenkönigin. Aus unbefruchteten Eiern entstehen Männchen, aus befruchteten Eiern entweder Arbeiterinnen oder geschlechtlich aktive Weibchen. Dieser werden zu Jungköniginnen.
Da Ameisen keine Zwitter sind, haben Männchen sowie Weibchen verschiedene Geschlechtsmerkmale. Die Männchen besitzen je zwei Hoden und Samenleitern in ihrem hinteren Körperteil, die Weibchen hingegen zwei Ovarien. Einzig die Ameisenkönigin kann jedoch Eier legen.
Im Gegensatz zu geschlechtlich aktiven Weibchen sind Arbeiterinnen unfruchtbar. Sie sind zur Brutpflege und zur Nahrungsbeschaffung da.
Damit sich aus einer Larve ein geschlechtlich aktives Weibchen entwickeln kann, müssen äußere Gegebenheiten stimmen. Das Nahrungsangebot muss reichhaltig und proteinreich sein, die Temperatur sowie Luftfeuchtigkeit im Ameisennest muss stimmen, der prozentuale Dotteranteil des Eis ist ausschlaggebend sowie das Alter der Ameisenkönigin. Nur wenn all diese Parameter optimal sind, können sich Jungköniginnen entwickeln.
Männliche Ameisen werden üblicherweise Drohnen genannt. Sie haben im Gegensatz zu den Arbeiterinnen Flügel. Diese brauchen sie, um sich während des Hochzeitsflugs mit unbegatteten Jungköniginnen zu paaren. Normalerweise paaren sich Männchen eines Nests mit den Jungköniginnen eines anderen Ameisenstaates.
Während die befruchteten Jungköniginnen ihre Flügel abstreifen und sich auf die Suche nach einem geeigneten Ort zur Gründung ihrer Ameisenkolonie machen, sterben die Männchen nach der Begattung ab.
Arbeiterinnen machen den größten Teil eines Ameisenstaates aus. Sie besitzen verkümmerte Geschlechtsorgane, wodurch sie keine befruchteten Eier legen können. Legen Arbeiterinnen dennoch Eier ab, so dienen diese vorrangig als Nahrung für die gefräßigen Larven - dies geschieht jedoch nur in Ausnahme- und Notfällen, beispielsweise wenn die Königin verstorben ist.
Damit die Arbeiterinnen keine unbefruchteten Eier ablegen können, sondert die Königin einen bestimmten Duftstoff ab, der die Eiablage unterdrückt.
Die Lebenserwartung einer Ameise ist abhängig von Art und Geschlecht. Während die Männchen bereits kurz nach dem Hochzeitsflug sterbe und manchmal nur einige Monate alt werden, leben die Arbeiterinnen im Durchschnitt bis zu zwei Jahren. Nur die Ameisenkönigin hat ein langes Leben: Sie wird bis zu 20 Jahre alt.
Staaten, in denen nur eine einzige Königin lebt, sterben mit dem Tod ihrer Königin ab. Arbeiterinnen laufen ziellos umher und verenden kurze Zeit nach der Königin ebenfalls. Hat ein Ameisenstaat hingegen mehrere Königinnen, so kann es vorkommen, dass ein Ameisenstaat durchgängig etwa 70 Jahre alt werden kann.
Da die Befruchtung der Jungkönigin üblicherweise im Flug vollzogen wird, stellt sich unweigerlich die Frage, ob - wie bei Esel und Pferd - auch Kreuzungen zwischen Ameisenarten stattfinden können. Die kurze Antwort lautet: Ja, aber nur bei sehr nahe miteinander verwandten Ameisenarten. Pharaoameisen werden sich nicht mit Waldameisen paaren.
Hierbei entsteht jedoch keine neue, eigenständige Art, wie es in Science-Fiction-Filmen gerne dargestellt wird. Eine Art ist immer auf eine bestimmte Gruppe von Individuen begrenzt, die sich nur untereinander vermehren können. Findet eine Fortpflanzung zwischen zwei Arten statt, so kann die neu entstandene Art jedoch keine eigenen Nachkommen produzieren.
Ein weiteres Thema, das durchaus vorkommen kann, ist Inzucht (Inzest). Bei vielen Tierarten ist dies gang und gäbe. Einige Arten betreiben Inzucht sogar über die Generationen hinweg regelmäßig.
Bei kleinen Ameisenvölkern tritt Inzest häufiger auf. Dabei können näher verwandte Tiere untereinander Geschlechtsverkehr haben. Anders als bisher angenommen ist der Hochzeitsflug nicht darüber entscheidend, ob näher verwandte Tiere miteinander verkehren. Gibt es nur wenige Nester einer Art in einer bestimmten Region, tritt Inzucht häufiger auf. Treten die Jungköniginnen jedoch weite Reisen zum Hochzeitsflug an, so ist Inzucht sehr viel unwahrscheinlich.
Da viele Ameisenkolonien mehrere Königinnen haben, tritt auch hier Inzucht auf - jedoch weniger häufig als bei kleinen, isolierten Ameisenkolonien. Die Begattung findet oft nahe des Nestes statt, jedoch können sich männliche Nachkommen einer Königin mit den weiblichen Nachkommen einer anderen Königin paaren - da die Königinnen meistens nicht genetisch miteinander verwandt sind, ist Inzest hier weniger wahrscheinlich.
Wie groß ein Ameisenvolk wird, hängt von der jeweiligen Ameisenart ab. Manche Kolonien werden nur 3.000 Insekten groß, andere wiederum können aus mehreren Millionen von Ameisen bestehen.
Das System von Königin, Arbeiterinnen und Männchen in der Ameisenkolonie ist sehr komplex. Eine Studie, die im PLOS Biologie im Juni 2021 erschien, untersuchte das Verhalten von Ameisen innerhalb der Ameisenkolonie.
Die Forscher haben dabei die demografische, genetische und morphologische Struktur von Ameisenvölkern untersucht. Die asiatische Ameisenart der Räuberameise (Ooceraea biroi) wurde zu Versuchszwecken untersucht.
120 Ameisenkolonien der Räuberameise wurden insgesamt beobachtet. Jede Kolonie wurde dabei in einer durchsichtigen Petrischale aufgezogen und jede Ameise mit einer bestimmten Farbkombination angemalt. Mithilfe einer Software konnte daraufhin die Bewegung einer jeden Ameise aufgezeichnet werden: "Wenn sich eine Ameise oft in der Nähe des Nestes aufhält, ist es wahrscheinlich, dass sie sich um die Larven kümmert. Eine Ameise, die sich viel bewegt, ist eher für die Nahrungssuche zuständig." Die Studie konnte zeigen, dass sich die gesamte Organisation der Ameisenkolonie verändert, sobald Ameisen dazukommen, die sich vom Rest der Kolonie unterscheiden. "Bei Grössenunterschieden erhöht sich die Arbeitsteilung in der Kolonie, während genetische Unterschiede sie reduzieren."
Eine weitere Studie, die im selben Jahr von der Universität in Mainz durchgeführt wurde, konnte zeigen, dass Ameisenkolonien erfolgreicher sind und mehr Nachwuchs großziehen können, wenn sich die Arbeiterinnen in ihrem Verhalten stark voneinander unterscheiden. Sie haben dazu in eine Ameisenkolonie Arbeiterinnen aus drei anderen Kolonien zusammengebracht und diese mit einer Ameisenkolonie verglichen, in welcher die Arbeiterinnen alle von derselben Königin abstammen.
Im direkten Vergleich konnten sie feststellen, dass die zusammengesetzte Ameisenkolonie mehr Larven großziehen konnte. Die Forscher vermuten, dass dies an einer effizienteren Arbeitsteilung der Arbeiterinnen liegt: "Einige Arbeiterinnen kümmern sich besser um die Versorgung der Larven, die gefüttert, gepflegt und gewendet werden müssen. Andere Arbeiterinnen eignen sich besser für die Futtersuche. Offenbar ist die Diversität in einer Kolonie für die Arbeitsteilung von Vorteil", so der leitende Forscher Dr. Romain Libbrecht.
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